Victor Bout

Händler des Todes


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1. Biographie

 

Viktor Bout wurde 1967 in der Kleinstadt Dushanbee in Tajikistan, damals Teil der UdSSR, geboren. Bout war außerordentlich sprachbegabt und besuchte daher eine sowjetische Militärakademie für Fremdsprachen nachdem er, nach seiner militärischen Grundausbildung, den Rang eines Leutnants erreicht hatte. Er bekleidete einen hohen Rang in der Akademie, die enge Verbindungen zum GRU, dem militärischen Auslandsgeheimdienst des Landes, unterhielt.[1]

 

1991 entschied sich der sechs-sprachige Polyglot, der zu dem mehrere Flugzeugtypen fliegen kann, zu einer Karriere in der Frachtlogistik. Zu dieser Zeit wurden überschüssige Militärgüter von Armeemitarbeitern verkauft. So war es ein Leichtes für Bout drei große Transportflugzeuge für den Schnäppchenpreis von $120,000 zu erwerben. Douglas Farah und Stephan Braun, die in ihrem Buch „Händler des Todes: Geld, Waffen, Flugzeuge und der Mann, der Krieg möglich macht“ von Bouts Machenschaften berichten, vermuten, dass Bout bei dem günstigen Erwerb der Flugzeuge die Hilfe des KGB hatte, die ihn außerdem mit einer Liste ehemaliger Kunden sowjetischer Rüstungsexporte ausstattete.[2]

 

Rasch vergrößerte Bout seine Flotte auf 50 Flugzeuge und 1992 war er endgültig im Waffengeschäft angekommen. In seinen internationalen Unternehmungen Waffen über den Globus zu verkaufen, benutzte Bout eine Reihe an Aliasen, darunter u.a. Boutov, But, Budd und Bouta. Seine Handelsbeziehungen reichten über den afrikanischen Kontinent und den Nahen Osten bis zum Balkan. Er war dabei in die meisten größeren Konflikte der 90er Jahre verstrickt.[3]

 

Zum Ende des Jahres 2001 hin, war Bout zunehmend mit Problemen bei der Lieferung seiner Ware, insbesondere nach Liberia, konfrontiert. Sein Name tauchte wiederholt in den UN Ermittlungen zum Konflikt zwischen Liberia und Sierra Leone auf woraufhin empfohlen wurde ihn auf eine internationale Reiseverbotsliste zu setzen. 2002 stellte Belgien einen internationalen Haftbefehl mit der Begründung Bout have mehr als $300mio vor den Steuerbehörden versteckt. Bout zog daraufhin von Afrika nach Russland, wo er vom Staat geschützt wurde.[4] Nach 9/11 geriet Bout zudem in den Fokus des US-Amerikanischen „Krieg gegen den Terror“, nachdem herauskam, dass er für die Bewaffnung der Taliban mitverantwortlich gewesen war. Besondere Schwierigkeiten bereiteten ihm seine Lieferungen nach Libyen als sein Name wiederholt in den Ermittlungen der UN zum Konflikt zwischen Libyen und Sierra Leone fiel. In diesem Rahmen wurde vorgeschlagen, ihn auf eine internationale Reisesperrliste zu setzen. 2002 stellte Belgien einen Haftbefehl gegen ihn mit der Begründung $300 Millionen vor den Steuerbehörden versteckt zu haben. Daraufhin zog Bout von Afrika nach Russland um, wo er vom Staat geschützt wurde. [5]

 

Ungeachtet Bouts früherer, möglicherweise peinlicher, Kontakte mit den amerikanischen Sicherheitsbehörden, konnte er im März 2008 zu einem Treffen mit getarnten US-Agenten in Bangkok gelockt werden. Die Agenten gaben vor Mitglieder der FARC zu sein und erzählten Bout, sie wollten amerikanische Helikopter niederschießen. Bout stimmte dem Deal zu und sagte, dass jeder Kampf gegen die USA auch sein Kampf sei. Während der Verhandlungen wurde er dann von Agenten der Drug Enforcement Agency und Thailändischen Polizeibeamten verhaftet. Ein Thailändisches Gericht urteilte jedoch im August 2009, dass Bout nicht in die USA ausgeliefert werden müsse, da es die Unterstützung der FARC als politischen, keinen kriminellen Akt einstufte, da es sich bei dieser nicht um eine Terrororganisation handle. Das Auslieferungsabkommen zwischen Thailand und den USA erlaubte die Auslieferung nur für Straftaten. Die Entscheidung des Gerichts wurde teilweise russischem Druck zugeschrieben. Moskau lehnte Bouts Auslieferung entschieden ab.[6]

 

Im März 2010 stellten die USA zum zweiten Mal einen Haftbefehl aus. Dieses Mal lag ihr Fokus auf Bouts angeblicher Verletzung einer präsidialen Verordnung woraufhin seine finanziellen Mittel in den USA eingefroren wurden. Die US-Behörden warfen Bout vor eine neu gegründete Firma, Samar Airlines, dazu benutzt zu haben zwei Flugzeuge von einer Firma in Florida für etwas mehr als $17Millionen gekauft zu haben und die Besatzung der Flugzeuge ebenfalls von einer Firma aus Florida bekommen zu haben, welche die Flugzeuge dann nach Tajikistan brachten. Obwohl sein Name in keinem der Dokumente auftauchte, vermuteten die US Behörden, Bout sei der wahre Eigentümer von Samar. Ein thailändisches Berufungsgericht urteilte am 20. August 2010, dass die FARC als Terrororganisation einzustufen und Thailand daher doch verpflichtet sei Bout an die USA auszuliefern. Im November desselben Jahres wurde er an DEA Mitarbeiter übergeben und in die USA geflogen. Im April 2012 wurde er von einem New Yorker Gericht zu 25 Jahren im Gefängnis verurteilt, nachdem er der Verschwörung zur Ermordung von US Bürgern, der Lieferung von Flugabwehrraketen und der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung schuldig befunden wurde.[7]

 

2. Ausgewählte Fälle

Fall 1: Afghanistan

 

Bouts erster Kunde war die damals neu gegründete, im Westen meist „Nordallianz“ genannte Regierung Afghanistans, die zuvor einen verheerenden Krieg gegen die Taliban geführt hatten. Bout reiste häufig nach Afghanistan und lernte dort Ahmed Shah Massoud, den „Löwen von Panjshir“, einen namenhaften Politiker, Warlord und Dichter, kennen. Massoud und Bout verband eine Liebe für extravagante Gelage und eine Leidenschaft für die Jagd, welcher sie manchmal mit Scharfschützengewehren aus Massouds Helikopter nachgingen. Bout gelang es eine Reihe lukrativer Geschäfte zur Lieferung russischer Waffen an Massoud aus zu handeln.

 

In den folgenden Jahren soll er an beiden Seiten des Konflikts mitverdient haben. So erwirtschaftete er zusätzlich zu seinen Geschäften mit Massoud rund $50mio mit dem Verkauf von Waffen an die Taliban von einem Standord in Sharjah in den vereinigten Arabischen Emiraten. Zudem half er den Taliban ihr eigenes Transportnetzwerk auf zu bauen, indem er ihnen 1998 eine Flotte Frachtflugzeuge verkaufte. Nach den Anschlägen vom 11 September machte seine Verbindung mit den Taliban Bout zum internationalen Außenseiter.[8]

 

Fall 2: Bosnien

 

Bout verstieß gegen internationale Sanktionen und lieferte Waffen an muslimische Bosnier, die unter den Repressionen durch serbische Nationalisten litten. Diese Deals wurden durch die „Third World Relief Agency“ finanziert, einer Hilfsorganisation mit Verbindungen zum radikalen Islam, einschließlich Osama Bin Ladens. Im September 1992 mietete die Organisation ein Ilyushin 76 Flugzeug, um damit eine große Menge Rüstungsgüter von Khartoum im Sudan nach Maribor, einem Flughafen in Slovenien, nahe Bosniens zu bringen. Das Flugzeug gehörte Viktor Bout, der wahrscheinlich auch in die Beschaffung der Waffen involviert war.[9]

 

Fall 3: Angola

 

Bouts erster größerer Kunde auf dem afrikanischen Kontinent war die Regierung Angolas, die einen Bürgerkrieg gegen die Rebellengruppe UNITA führte. Bout baute eine enge Beziehung zum angolanischen Militär, insbesondere der Luftwaffe auf. Zwischen 1994 und 1998 schloss er Verträge im Wert von $325mio mit der angolanischen Luftwaffe und richtete eigens dafür eine Firma in Belgien ein. 1998 fand die Regierung jedoch heraus, dass Bout aus Bulgarien stammende Waffen an die UNITA verkauft hatte. Bout flog 37 Fuhren zu den UNITA, die ihn mit Blutdiamanten bezahlten. An Bord transportierte er u.a. millionen Runden Munition, Raketenwerfer, Kanonen, Raketenabwehrgewehre, Granaten und Panzerabwehrraketen. Als die Angolanische Regierung sein doppeltes Spiel bemerkte, wurden seine Verträge annulliert.[10]

 

Fall 4: Liberia

 

Bout kam über den Leutnant Sanjivan Ruprah des damaligen Präsidenten Charles Taylor, zum Waffengeschäft in Liberia. Ruprah, ein kenianischer Staatsbürger, unterstützte mit Charles Taylor die Revolutionary United Front (RUF) bei deren versuchter Machtübernahme in Sierra Leone zu unterstützen. Im November 1999 war Ruprah schließlich „Globaler Manager ziviler Luftfahrt für die liberianische zivile Luftfahrtverwaltung“, was ihn effektiv zum Chef der liberianischen Luftfahrtverwaltung machte. Im Jahr 2002 half Ruprah Bout Scheinfirmen für den Waffenhandel in Abidjan aufzubauen. Zu diesem Zeitpunkt lieferte Bout große Mengen an Rüstungsgütern über ein kompliziertes Netz verschiedenster Scheinfirmen, die häufig mit betrügerischer Absicht in verschiedenen Gebieten registriert waren an Charles Taylor. Die versteckten Lieferungen bestanden nicht nur aus Raketen und Munition, sondern enthielten zudem fortgeschrittener Waffensysteme, welche die militärischen Kapazitäten seines Kunden massiv erweiterten. Laut der UN wurden „Kampfhubschrauber, Ersatzrotorblätter, Panzer- und Flugzeugabwehrsysteme, gepanzerte Fahrzeute, Maschinengwehre und faste eine Millionen Runden Munition“ geliefert. Ganz im Stil legaler Waffenhändler, bot er zudem Wartungsteile in Form von Helikopterersatzteilen und Rotorblättern an.[11]

 

Fall 5: Die amerikanische Invasion im Iraq

 

2003, kurz nach ihrem Einmarsch im Iraq sahen sich die USA mit einem großen Problem konfrontiert. Obwohl sich eine große Zahl der Landugsstreifen in ihrer Kontrolle befanden, blieb die Lage zu brenzlig für zivile Luftfahrtanbieter. Um diese Lücke zu füllen wandten sich die USA an eine Reihe von Luftfrachtgesellschaften in aller Welt. Von 2003 bis mindestens Ende 2005 war einer der häufigsten Betreiber Irbis Air, eine internationale Airline, die Viktor Bout gehörte und von ihm kontrolliert wurde. Bout soll zwischen 2003 und 2005 schätzungsweise $60mio durch seine Flüge in den Irak verdient haben.[12]

 

3. Zusätzliche Informationen

Literatur und Artikel über Bout

 

· [EN] Merchant of Death: Money, Guns, Planes, and the Man Who Makes War Possible (John Wiley & Sons, 2008), Douglas Farah & Stephan Braun

· [EN] Arms and the Man, New York Times (August 2003), Peter Landesman. See here: https://www.nytimes.com/2003/08/17/magazine/arms-and-the-man.html

· [EN] Disarming Victor Bout, New Yorker, Nicholas Schmidle. See here: https://www.newyorker.com/magazine/2012/03/05/disarming-viktor-bout

 

Filme über Victor Bout

 

· ‘The Notorious Mr Bout’, eine Filmbiorgaphie basierends auf Bouts Archiv

· ‘Händler des Todes - Lord of War’, ein Film mit Nicolas Cage, der lose auf dem Leben des Viktor Bout basiert

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[1] Shadow World, S. 115

[2] Shadow World, S. 115

[3] Shadow World, S. 115

[4] Shadow World, S.119

[5] Shadow World S. 115-119

[6] Shadow World, S. 120

[7] Shadow World, S. 163-164

[8] Shadow World, S. 116

[9] Shadow World, S. 116

[10] Shadow World, S. 117

[11] Shadow World, Page 118

[12] Ibid

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