Krupp


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Firmenprofil: Die Krupp-Werke und Thyssenkrupp AG, Essen

 

Von Wolfgang Landgraeber und Bernhard Trautvetter

 

Die Krupp-Werke stiegen in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg zum dominierenden Waffenlieferanten des Deutschen Reichs auf und verhalfen dem 1871 gegründeten Deutschen Kaiserreich zum Rang einer europäischen Großmacht. „Ab Mitte des 19. Jahrhunderts baute die Essener Fabrik Stahlgeschütze, die weiter und genauer zielten als die herkömmlichen Eisen- und Bronzemörser. Zum Bekanntesten der zahlreichen Geschütztypen wurde der 42-Zentimeter-Mörser, die >Dicke Bertha<.“ (1)

 

Krupp-Waffen gingen nicht nur an Deutschlands Armee, sondern sie fanden weltweit Absatz, auch im Osmanischen Reich und in Südamerika. Vor allem Kriegsschiffe wie die mit Kruppstahl gepanzerten ‚Goeben’ und ‚Breslau’ spielten eine für das Osmanische Reich zentrale Rolle:

 

Die ‚Goeben’ katapultierte die Türkei an der Seite Deutschlands in den Ersten Weltkrieg. Sie machte das Schwarze Meer praktisch zu einem deutschen Binnengewässer und verlegte den Russen den Zugang zum Mittelmeer. Sie provozierte indirekt die alliierte Landung bei Gallipoli (Dardanellen), wo 252.000 Engländer und Franzosen umkamen oder verwundet wurden. Und all das geschah, obwohl die Briten und Franzosen bei Kriegsausbruch das Mittelmeer beherrschten. Die ‚Goeben’ (1013 Mann Besatzung) und der Geschützte Kreuzer ‚Breslau’ (373 Mann Besatzung) waren im Sommer 1914 die beiden einzigen Kriegsschiffe, die des Kaisers Traum von deutscher Seegeltung im Mittelmeer verkörperten.“ (2) Das Kaiserreich verkaufte 1910 die spätere „Torgud Reis“, vormals „SMS Weißenburg“ - ein mit Krupp-Stahl ausgestattetes Panzerschiff der Kaiserlichen Marine - an das Osmanische Reich.

 

Die stählernen 28 cm-Geschütze der Marineschiffe dieser Klasse waren ebenfalls Produkte der Firma Krupp, wie auch die Geschütze an der Festung der Dardanellen an der Meerenge des Bosporus. „Die Geschütze stammten fast ausschließlich aus deutscher Produktion, und deren Anlieferung konnte noch bis Mitte 1914 auf dem Seeweg von Deutschland stattfinden. Der Einbau der schweren Kanonen unter Leitung deutscher Spezialisten erforderte großen Aufwand. Manche Festungen wurden regelrecht um die Waffen herum gebaut.

 

Oberst Colmar Freiherr von der Goltz wurde von Kaiser Wilhelm unter anderem damit beauftragt, dem Osmanischen Reich Krupp-Kanonen anzubieten. Alfred Krupp selbst betrachtete deutsche Diplomaten in der Türkei als seine Verkäufer“ (3). Von der Goltz hatte zuvor bereits die Lieferung großer Mengen von Mauser-Gewehren beim Sultan durchgesetzt. Und so gelang es ihm, neben dem Gewehr-Monopol ein zweites für Kanonen und Geschütze im Osmanischen Reich zu schaffen - auf Kosten der zuvor in diesem Marktsegment dominierenden französischen und englischen Waffenproduzenten.

 

In der Essener Villa Hügel der Krupps gaben sich in jener  Zeit „die Mächtigen dieser Erde die Ehre. Unter Kaiser Wilhelm II. wurde das Unternehmen Krupp zur Waffenschmiede des Deutschen Reichs. Der Kaiser weilte häufig zu Besuch. In der Villa erwarteten ihn eigene Räume, nur für ihn reserviert.“ (4)

 

In dieser Zeit wuchs Krupp zum Weltkonzern. „Der Eisenbahn-Aufschwung des 19. Jahrhunderts, riesige Hochöfen und damit verbunden eine sprunghafte Ausdehnung der Stahlproduktion, innovative Produkte wie das nahtlose Stahlrad und Schiffschrauben und sog. Krupp-Panzerungen für Marine-Schiffe, sowie das Waffengeschäft mit Geschützen und Kanonen, all das machte Krupp vor dem ersten Weltkrieg zu Europas größtem Konzern und Deutschlands Rüstungslieferanten. Allein in Essen, dem Stammsitz der Krupps, beschäftigte der Konzern schon damals 40.000 Arbeitskräfte.“ (5)

 

Gustav Georg Friedrich Maria Krupp von Bohlen und Halbach ist zuerst als Mitglied des Aufsichtsrat und später als Aufsichtsratsvorsitzender des Industrieunternehmens Krupp maßgeblich für die Ausrichtung vieler Geschäfte – auch mit dem Osmanischen Reich – als Hauptverantwortlicher zu betrachten.

 

Er hatte als Sekretär an der preußischen Gesandtschaft beim Vatikan die älteste Tochter und Alleinerbin des Industrie-Unternehmens Bertha in Rom kennengelernt. Nach der Eheschließung  der beiden 1906 war es Kaiser Wilhelm II. wichtig, dass der Name Krupp in der Ahnenreihe des Industriebetriebes nicht verlorenging. In einem königlich-preußischen Erlass verkündete er, dass das Ehepaar im Falle von Bertha ‚Krupp von Bohlen‘ und im Falle von Gustav ‚Krupp von Bohlen und Halbach‘ zu nennen sei.

 

Entsprechend dem Testament von Friedrich Alfred Krupp war das Unternehmen nach dessen Tod (1902 im Folgejahr 1903) in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden, deren Aktien Bertha zu 99,9 % erhalten sollte. Das Anfangskapital betrug  ca. 40 Mio. Dollar. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges hatte sich diese Summe schon fast verdoppelt.

 

Gustav Krupp von Bohlen und Halbach wurde nach der Eheschließung 1906 Mitglied des Aufsichtsrates der der Friedrich Krupp AG, und 1909 wurde er Vorsitzender des Aufsichtsrats. Die Karriere der Krupps zeigte die engen Verflechtungen des Kaiserreiches, des Staatsapparates mit seinen vielfältigen Vernetzungen und der Industrie, dabei prominent mit dem Haus Krupp. 1910 wurde Gustav Krupp von Bohlen und Halbach Mitglied in der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Nachdem das Deutsche Reich Anfang August 1914 mit den Kriegserklärungen gegen Russland und Frankreich den Ersten Weltkrieg ausgelöst hatte, konzentrierte das Unternehmen seine Produktion unter der Führung von Gustav Krupp von Bohlen und Halbach weitgehend auf Rüstung.

Alfred-Krupp-Denkmal in Essen

(Foto: B. Trautvetter)

Dass die Firma Krupp von den Deportationen und den Mordaktionen an der armenischen Minderheit  im Osmanischen Reich gewusst haben musste, legen zeitgenössische Quellen nahe:

 

„An der Logistik der Deportationen war auch das deutsche Militär beteiligt, wie es ein von Oberstleutnant Böttrich, dem Chef des Verkehrswesens (Eisenbahn-Abteilung) im türkischen Großen Hauptquartier, im Oktober 1915 unterzeichneter Deportationsbefehl zeigt, von dem armenische Arbeiter der Bagdadbahn betroffen waren. Die Bagdadbahn selbst und die Anatolische Eisenbahn dienten auch schon vorher dem Transport gefangener Armenier.“ (6) Die Firma Krupp war am Bau der Bagdad-Bahn unmittelbar beteiligt.

 

Dass Krupp Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts auch bei der Aufrüstung lateinamerikanischer Länder eine erhebliche Rolle spielte, hat der Historiker Jürgen Schäfer nachgewiesen. (7) In Bolivien, Argentinien und Chile hatten deutsche Heeresinstrukteure bereits vor 1890 damit begonnen, die Streitkräfte zu reorganisieren und zu modernisieren. Deutsche Waffen, vor allem Mauser-Gewehre und Krupp-Kanonen, die sich bei Vergleichsschießen gegen europäische Konkurrenten durchgesetzt hatten, spielten bei dieser Modernisierung eine erhebliche Rolle und halfen mit, den preußisch-deutschen Einfluss in den Militärführungen dieser Länder zu festigen und dort ein Gewehr- und Kanonenmonopol zu schaffen. Krupp blieb auch nach der Verschmelzung mit dem Stahlkonzern Thyssen zur „Thyssenkrupp AG“ einer der wichtigsten Waffenproduzenten und -Exporteure Deutschlands und Europas.

 

Heute präsentiert sich Thyssenkrupp auf seiner Konzern-Website als ein diversifizierter Industriekonzern mit dem Schwerpunkt Stahlverarbeitung mit weltweit mehr als 158.000 Beschäftigten an 500 Standorten in 79 Staaten. Die Produktpalette umfasst – neben dem militärischen Schiffbau – offiziell Bau, Gebäude, Infrastruktur, Bergbau, Metall, Chemie, Energie, Haushaltsgeräte, Lebensmittel und Getränke, Luftfahrt, Maschinen- und Anlagebau, Öl/Gas, Sonderfahrzeuge.

 

Offizieller Umsatz nach 2018 fortgeführten Aktivitäten: ca. 41,5 Mrd. Euro. (8)

 

Die Struktur der Anteilseigner wird wie folgt angegeben:

 

20,93 %

Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung (AKBH)

15,08 %

Cevian Capital

3,06 %

BlackRock

2,98 %

Franklin Mutual Adviser

57,95 %

Streubesitz

 

Vorstandsvorsitzender: Heinrich Hiesinger

Aufsichtsratsvorsitzender: Ulrich Lehner

Gewinn vor Zinsen und Steuern (Prognose 2017): 1,8 bis 2,0 Mrd. Euro. (9)

 

 

Quellen:

(1) [https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Mil%C3%A4rmissionen_im_Osmanischen_Reich#cite_note-Brauns96-97_kap5-5-3-46]

(2) [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46274324.html]

(3) William Manchester, Krupp. Chronik einer Familie, München 1982, S.166

(4) [http://www.deutschland-lese.de/index.php?article_id=675]

(5) [http://www.essener.org/krupp.htm].

(6)  Jürgen Gottschlich: Beihilfe zum Völkermord. Deutschlands Rolle bei der Vernichtung der Armenier, Berlin 2015

(7) Jürgen Schäfer, Deutsche Militärhilfe an Südamerika - Militär- und Rüstungsinteressen in Argentinien, Bolivien und Chile vor 1914, Düsseldorf 1974

(8) [https://www.thyssenkrupp.com/de/unternehmen/]

(9) https://www.thyssenkrupp.com/de/investoren/strategie/prognose-20162017/

 

Weitere Angaben:

 https://www.thyssenkrupp.com/media/investoren/facts_figures_2/praesentationen_und_veranstaltungen/konferenzen/2015_20016/thyssenkrupp_2

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