10.01.2019 - Heckler & koch - Prozesstag 24:

Das Ende ist nah



Heute wurde der letzte Zeuge vernommen, noch im Januar werden wohl die Plädoyers beginnen. Mit dem Urteil ist am 21. Februar zu rechnen. Interessantes Detail heute: Angeblich wurden fast 5000 G36-Sturmgewehre in den kritischen Bundesstaaten Mexikos wieder aus dem Verkehr gezogen.

 

 Autor: Jan van Aken

 

Bericht vom 24. Prozesstag am 10.Januar 2019

 

Befragung des Angeklagten Joachim M. durch die Staatsanwaltschaft

 

M. war im kritischen Zeitraum Ausfuhrverantwortlicher bei Heckler & Koch und hat dementsprechend die Anträge auf Ausfuhrgenehmigungen unterzeichnet. Die Staatsanwaltschaft hielt ihm einen Antrag vom 27.7. 2006 vor, dem eine Endverbleibserklärung beigefügt war, in der auch der kritische Staat Chiapas mit aufgeführt wird – obwohl zu dem Zeitpunkt bereits klar war, dass Chiapas nicht belieferungsfähig ist.

 

Joachim M. sagte dazu nur lapidar, er könne das doch trotzdem beantragen, und dann wird es eben genehmigt oder nicht. Und verstieg sich dann zu der Aussage: „Ich muss eine Bestellung doch weiterleiten!“ Er könne doch nicht, zum Beispiel, der türkischen Regierung sagen, das beantrage ich gar nicht erst, das wird nicht genehmigt. Da stünde doch sofort der türkische Militärattaché vor der Tür und würde fragen, seid ihr noch ganz dicht? Er könne doch nichts dafür, was an Bestellungen reinkommt. Die Bestellung könne auf einem Angebot beruhen, das schon ein halbes Jahr alt ist, und in der Zwischenzeit könne sich die Meinung im Auswärtigen Amt geändert haben.

 

Interessant an diesen Ausführungen ist, dass sie einer anderen Darstellung komplett widersprechen. Die Bundesregierung behauptet regelmäßig, dass nur Anträge auf Rüstungsexporte gestellt werden, von denen die Firmen wissen, dass sie auch genehmigungsfähig sind. Damit versucht die Bundesregierung die Tatsache zu erklären, dass über 99% aller Anträge auch genehmigt werden (im Jahr 2017 wurden z.B. von 11.491 gestellten Anträgen lediglich 89 abgelehnt). Ob nun der Angeklagte hier Unsinn erzählt hat, um seinen Kopf zu retten, oder ob die Bundesregierung seit Jahren Legenden verbreitet, sei dahingestellt.

 

Der Zeuge Michael E., Ex-Geschäftsführer von Heckler & Koch

 

Als letzter Zeuge im Verfahren wurde Michael E. gehört, der von 2005 bis 2007 Geschäftsführer für Produktion und Entwicklung bei Heckler & Koch war. Er sagte, er sei in das ganze Thema Mexiko überhaupt nicht involviert gewesen, Mexiko sei ein Thema des Vertriebes gewesen, nicht seiner Abteilung. Zu seinem Team gehörten allerdings die Waffenvorführer Robert H. und Josef K., die bereits im Verfahren als Zeugen vernommen wurden (siehe 12. Prozesstag). Michael E. wurde eine E-Mail vorgehalten, in der der Vertriebsleiter Axel H. ihn am 12.7. 2006 um die Erlaubnis bat, die beiden Mitarbeiter für eine Waffenvorführung nach Mexiko zu schicken. In dieser Mail wurde auch die Lieferung von 1500 G36 nach Guerrero erwähnt. Michael E. konnte sich weder an die Mail noch an die Reise erinnern. Es sei aber üblich gewesen, dass die Vorführer dahin gefahren sind, wo Heckler & Koch Waffen verkauft hat.

 

Das einzig Interessante an der Aussage von Michael E. war ein kurzer Passus, in dem ihn der Vorsitzende Richter zur Rolle des damaligen CEOs bei Heckler & Koch, General Meyer, befragte. Zu ihm sagte E., dass Meyer Amerikaner gewesen sei, der sich in der deutschen Gesetzgebung nicht so auskannte. Er habe schon den Eindruck gehabt, dass er sich an deutsche Gesetze halten wollte, aber „er hat da vielleicht einiges übersehen“.

 

Kleine Anfrage im Bundestag

 

Der Vorsitzende Richter informierte dann die Prozessbeteiligten über eine weitere Anfrage der LINKEN im Bundestag (19/5730, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/057/1905730.pdf) zu den Waffenexporten nach Mexiko. In ihrer Antwort erklärt die Bundesregierung, dass die Endverbleibserklärungen „Inhalt der einzelnen Genehmigungen geworden seien“. Da dies eine der Kernfrage der bisherigen Beweisaufnahme war, wundert es schon ein wenig, dass der Vorsitzende Richter die Antwort der Bundesregierung mit den Worten kommentierte: „Eigentlich ist es relativ wurscht, was die Bundesregierung sagt.“ Er ziehe daraus keine Nahrung, die für das Verfahren von Relevanz ist, und er beabsichtige nicht, die Anfrage zum Gegenstand der Verhandlung zu machen.

 

Einführung von Dokumenten

 

Dann wurde noch eine ganze Reihe von weiteren Dokumenten in das Verfahren eingeführt, darunter nur weniges von besonderem Interesse:

  • Anscheinend wurden in Mexiko einige der G36-Gewehre in den heiklen Bundesstaaten wieder eingesammelt. Das ergibt sich aus einer E-Mail der Staatsanwaltschaft aus dem Bestechungsverfahren gegen Heckler & Koch. Demnach sollen insgesamt 4688 G36 wieder aus dem Verkehr gezogen worden sein, darunter 1765 in Guerrero und 2183 in Chihuahua.
  • In dem internen Protokoll einer HK-Besprechung am 17. 1. 2011, in der es offenbar um das Krisenmanagement nach der Strafanzeige ging, wird erwähnt, dass Heckler & Koch im Jahre 2008 eine Vorführung im Bundesstaat Puebla durchgeführt hat. Dort seien sie spontan angefragt worden, auch eine Vorführung in Guadalajara durchzuführen (der Hauptstadt des heiklen Bundesstaates Jalisco). Angeblich habe daraufhin der mexikanische Vertreter von Heckler & Koch gesagt, vorführen könnten sie gern, aber ein Verkauf wäre dorthin nicht möglich.
  • Ein Dokument des bereits vernommenen Zeugen Xaver B. (siehe Prozesstag 16), aus dem ersichtlich ist, dass insgesamt 10.077 G36 nach Mexiko verkauft wurden. Außerdem wird darin vorgerechnet, dass über die Jahre (ca. 2006 – 2009) das Mexiko-Geschäft einen Anteil von 3,0 Prozent am Gesamtgewinn des Unternehmens gehabt haben soll.

 

Ausblick – das Urteil naht

 

Der Vorsitzende Richter verkündete, dass die Beweisaufnahme praktisch abgeschlossen sei, auch die anderen Prozessbeteiligten kündigten keine weiteren Beweisanträge an. Die Verfahrensbeteiligten einigten sich auf folgenden vorläufigen Fahrplan:

 

17.1. – Schluss der Beweisaufnahme, wahrscheinlich nur ein halber Tag

24.1. – Plädoyer der Staatsanwaltschaft, angekündigt sind drei bis vier Stunden

31. 1. und 14. 2. – Plädoyers der Verteidigung, den Anfang machen die Verteidiger von Marianne B. und Ingo S., denen beiden auch eine Verurteilung wegen Erschleichens einer Genehmigung droht. Den Abschluss werden dann die Prozessvertreter*innen von Heckler & Koch machen.

21. 2. – Urteil

 

Die Termine sind natürlich nicht sicher, es kann jederzeit eine Krankheit oder anderes dazwischenkommen, aber so ist jetzt erstmal der Plan.

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